Uns Menschen machen nicht nur all die Krisen zu schaffen, die uns eine nach (und neben) der anderen ereilen. Wir sehen uns zudem laufend mit Problemen in allen Lebensbereichen, insbesondere in Beruf, Beziehungen, Finanzen, Gesundheit oder unternehmerischen Aktivitäten konfrontiert, für die wir unentwegt nach Lösungen suchen.

Mithin sind wir, das heißt, ist die Menschheit tagein tagaus damit beschäftigt, sehr viel Zeit und einen großen Teil der verfügbaren Energie darauf zu verwenden, Problemlösungen herbeizuführen. Doch alle unsere Problemlösungen sind Scheinlösungen.

Denken wir an unsere berufliche Tätigkeit: Der technologische Fortschritt, die Digitalisierung und künstliche Intelligenz entlasten uns bereits heute weitgehend von schwerer körperlicher Arbeit. Sind wir dadurch die wesentlichen beruflichen Sorgen und Nöte los?

Denken wir an unsere Beziehungen: Eigentlich sind wir in der Mehrzahl aufgeklärte, mündige, intensiv ausgebildete, mit angeboren gesundem Menschenverstand und Mitgefühl ausgestattete Wesen, die sich allumfassend informieren können und auf dieser Grundlage ein allseits friedliches Miteinander pflegen und mehrheitlich dem Hochgefühl »Allliebe« frönen könnten. Aber wie sieht es mit unserer Empathie allein unserer menschlichen Mitwelt gegenüber aus? Mit jeweils wie vielen der mittlerweile über sieben Milliarden Personen zählenden Menschheit leben wir in Harmonie? Herrscht nach Jahrtausenden kognitiver Evolution wenigstens heutzutage auch nur ein Hauch von Weltfrieden?

Denken wir an die Finanzsituation: Es gibt eine Unzahl an Literatur und Vorträgen, wie man finanziell unabhängig werden kann. Dergleichen verheißen uns die verschiedensten Finanzexperten. Befinden sich infolgedessen finanzielle Probleme auf dem Rückzug? Verringert sich die Armut in dieser Welt? Schließt sich die Schere zwischen arm und reich?

Denken wir an Gesundheit: Das Gesundheitswesen verschlingft immer horrendere Unsummen, um uns immer ausgefeiltere Arzneien und Therapien anzubieten. Nimmt hierdurch die Anzahl kranker Menschen kontinuerlich ab?

Denken wir an das Unternehmertum: Bis auf einige wenige Branchen erfreut sich gerade die deutsche Wirtschaft eines langanhaltenden Erfolgstrends und zählt zu den weltweit profitabelsten. Sie hat also längst allen Grund, ihren Mitarbeitern wie Mitunternehmern zu begegnen, da unternehmerischer Erfolg in den meisten Fällen verhältnisgleich dem Unternehmer und seiner Belegschaft zu verdanken ist. Aber tut sich die Unternehmerschaft wirklich selbst einen Gefallen, wenn Mitglieder oberster Führungsebenen bis zum Hundertfachen der Durchschnittsentlohnung leitendender Mitarbeiter vereinnahmen und der Gewinnmaximierung zulasten des Umweltschutzes höchste Priorität eingeräumt wird? Ersteres birgt Demotivation sowie unverhoffte »Ausgleichstendenzen« und von Umweltverschmutzung und Klimawandel bleibt letztlich auf Dauer niemand verschont, unabhängig von seiner Vermögenslage.

Kurzum: Scheinlösungen können zwar dazu beitragen, bestimmte Probleme kurzzeitig zu lösen, doch die alltägliche Praxis lehrt uns, dass wir nie lange warten müssen, bis erneut die gleichen oder ähnlich gelagerte Probleme zur Lösung anstehen. Dass Probleme nicht mit derselben Denkweise gelöst werden können, durch die sie entstanden sind, soll aus Albert Einsteins Feder stammen. Daraus folgt, dass erst eine andere Denkweise das Potenzial haben dürfte, unser gewohntes Problemlösungs-Bewusstsein auf einen zeitgemäßeren Modus upzugraden. Mal sehen, inwiefern hierzu die Lebensmeisterei einen praktikablen Ansatz anzubieten hat.

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Nachtrag: Der Blog ward geschrieben und da steht doch glatt am nächsten Morgen unter der t-online.de-Headline "Ohne Aussicht auf Vernunft" der Satz des Kolumnisten Patrick Diekmann "Politik sollte immer versuchen, bestehende Probleme zu lösen." Denken wir also auch noch an Politik: Vor jeder Wahl werden Lösungen für die unterschiedlichsten Probleme versprochen. Gibt es somit von Wahl zu Wahl immer weniger Probleme?


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